Die Semesterantrittskneipe am 8.4.2022 zum Beginn des Sommersemesters war heuer wahrlich geschichtsträchtig. Denn die 1. Semesterantrittskneipe der Ludovicia überhaupt fand am 08. 04. 1922 statt. Das von der Chargia für diese Kneipe gewählte Vortragsthema zur Geschichte des von einem der Gründerväter der Ludovicia gestifteten und am 12.03.1922 eingeweihten Bierkruges, liebevoll „Lisl“ genannt sowie zur Geschichte der Trinkgefäße war dem Ereignis angemessen. So entführte Consenior Tobias Tag v/o Passat die zahlreich erschienene Corona mit unserem chilenischen Gast, Benjamin Escudero, in die tausende von Jahren alte Kulturgeschichte der Entwicklung der Trinkgefäße und des Alkoholgenusses.

Die zu einem Becher geformten Hände eines Menschen beschrieb Passat als den Beginn dieser Kulturgeschichte. Denn dies kann als das erste Schöpf-und Trinkgefäße bezeichnet werden. Geformte Blätter und Birkenrinde, große Muscheln und Trinkhörner aus tierischem Horn waren erste Hilfsmittel, um das Trinken weiter zu erleichtern sowie das Trinkgut zu schützen. Auch Trinkgefäße aus menschlichen Schädeln sind nachgewiesen. Das Aufkommen von Trinkbeuteln aus Leder manifestierte die sich rasant entwickelnden handwerklichen Fähigkeiten der Menschen und ermöglichten den sicheren Transport größerer Mengen Wasser über längere Strecken. Mit der Erfindung des Töpferns mit Ton in Vorderasien, der Glasschmelze in Ägypten vor ca. 3500 Jahren sowie die Erfindung des Glasschmelzofens durch die Römer ermöglichte die Gestaltung von Trinkgefäßen, die denen aus unserer Zeit ähnlich sind. Im Mittelalter waren Keramik und Holz beliebte Werkstoffe für die Herstellung von Trinkgefäßen. Die Erfindung des Steinzeuges in China und Japan fand seinen Weg im 1300ten Jahrhundert nach Deutschland. Wobei sich der Westerwald im Laufe der Zeit als eine der wichtigsten Herstellerregionen für Utensilien aus Steinzeuggut innerhalb Deutschlands entwickelte. Auch unsere „Lisl“ kommt aus dem Westerwald. Wo sie von den heute nicht mehr existierenden Wicke Werken mit der Werknummer 1717, vermutlich in der 2,5 l Version, hergestellt wurde. Der Krug ist mit dem Panier der Ludovicia und einer schön bemalten Ränderung verziert. Ein stattlicher Deckel mit Daumenlift vervollständigt diesen Krug. Neben den gestalterischen Möglichkeiten eines Deckels hat dieser Zusatz den praktischen Hintergrund den Inhalt des Kruges kühl zu halten und vor äußeren Einflüssen zu schützen. Ein Gesetz zur Abdeckung von Lebensmittel nach der letzten Pestepidemie war der Auslöser für diese Erfindung, um so Fliegen und sonstiges Getier abzuhalten.
Der tolle Vortrag wurde mit viel Applaus und einem geziemten Streifen aus den gefüllten
Bierkrügen der Corona abgeschlossen. Mit einem wunderbar geschmetterten „Ergo bibamus“
und dem abschließende Bundeskantus fand der offizielle Teil dieser schönen Semesterantrittskneipe ein fröhliches Ende.
gez. Wilhelm Lohmar v/o Agrippa.

100 Jahre „Lisl“

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